Wie fühlt es sich an, wenn man kaum etwas sieht? Oder wenn man Sprache nur noch an Lippenbewegungen erkennt? Genau diesen Fragen gingen die Fünftklässler des Gymnasiums Anna-Sophianeum in Schöningen nach. Die Einheiten fanden im Rahmen eines Sozialprojekts statt, das gleich zwei Themen in den Mittelpunkt rückte: Blindheit und Gehörlosigkeit im Alltag.
Organisiert wurde der Projekttag von den Schülerinnen Hannah Kars, Samantha Scheibner, Katharina Fricke und Hannah Bornemann. Blinden- und Sehbehindertenverband Niedersachsen e. V. sowie dem Gehörlosenverband Niedersachsen e. V. unterstützte sie bei dem Projekt. Ihr gemeinsames Ziel: jungen Menschen die Lebenswelt Betroffener näherzubringen und Empathie, Verständnis und Inklusionsbewusstsein nachhaltig zu stärken.

Theorie und Praxis verbunden
Der Tag begann in der Sporthalle, wo die Klassen 5a und 5c zunächst eine Einführung zu Blindheit und Gehörlosigkeit erhielten. Mit selbst gestalteten Infoplakaten erklärten die Organisatorinnen grundlegende Aspekte der Sinnesbeeinträchtigungen.
Besonders beeindruckt schienen sie, als die eingeladenen Experten von ihren eigenen Erfahrungen berichteten. Die Kinder stellten in einer offenen Fragerunde zahlreiche Fragen.

Im Anschluss startete der praktische Teil. Die Schüler sollten an einem Stationenlauf erleben, wie der Alltag von Menschen mit Einschränkungen aussieht. An vier verschiedenen Stationen konnten die Schülerinnen und Schüler selbst ausprobieren, wie herausfordernd bestimmte Situationen sein können.
Hindernisparcours mit Einschränkungen
Im Hindernisparcours tasteten sie sich mit Simulationsbrillen und Blindenstöcken durch den Raum. „Die Kinder haben dabei schnell gemerkt, wie viel Mut und Orientierungssinn Menschen ohne Sehvermögen täglich aufbringen müssen“, erklärten die Projektleiterinnen.
An einer weiteren Station lernten die Kinder das Braille-System kennen und bastelten ihre eigenen Namensschilder in Blindenschrift. Viele staunten, wie komplex das System aufgebaut ist – und wie kreativ man Blindenschrift auch spielerisch begreifen kann.
Einen besonders nachhaltigen Eindruck hinterließ die Einführung in die Gebärdensprache. Die Fünftklässler lernten einfache Begriffe, das Fingeralphabet und sogar ihren eigenen Namen in Gebärden. Die neuen Zeichen schienen es ihnen angetan zu haben. Immer wieder beobachteten die Organisatorinnen, wie Kinder die Gebärden auf den Infotafeln wiederholten.

Verstehen, ohne zu hören
Beim Lippenlesen schließlich experimentierten die Schüler, wie schwer Verständigung ohne Gehör ist. Mit Ohrschützern ausgestattet, versuchten die Kinder, allein anhand der Mundbewegungen ihrer Partner ganze Sätze zu erkennen.

Für die vier Initiatorinnen war das Feedback überwältigend, wie sie berichteten. „Die Kinder waren unglaublich respektvoll und interessiert“, erzählten sie. Die selbst gestalteten Infotafeln wurden in den Tagen nach dem Projekt immer wieder neugierig gelesen. Viele beschäftigten sich weiter mit Gebärden oder tauschten sich über das Erlebte aus.
Beitragsbild: Experten zeigten einfache Zeichen der deutschen Gebärdensprache. Fotos: GAS Schöningen